Closed-Schild

Ohne mich!

Es ist wie in dem persischen Märchen von dem Weisen, der an das Himmelstor kam und anklopfte.

Von innen fragte die Stimme Gottes: "Wer ist da?" Und der Weise antwortete: "Ich bin es." "In diesem Hause", antwortete die Stimme, "ist kein Platz für dich und mich."

Da ging der Weise fort und verbrachte viele Jahre damit, sich über diese Antwort in tiefen Gedanken den Kopf zu zerbrechen. Als er ein zweites Mal zurückkehrte, stellte die Stimme die gleiche Frage, und wieder antwortete der Weise: "Ich bin es." Die Tür blieb verschlossen.

Nach einigen Jahren kehrte er zum dritten Mal zurück und auf sein Klopfen hin fragte die Stimme wieder: "Wer ist da?" und der Weise rief: "Du selbst bist es." Die Tür wurde geöffnet.

Demut bedeutet nicht: Ich bin geringer als du. Wahre Demut bedeutet: Kein Jemand existiert.

Tony Parsons

Religion und Ichlosigkeit

Da sagte Moses zu Gott: Gut, ich werde zu den Isrealiten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heisst er? Was soll ich ihnen darauf sagen?

Da anwtortete Gott dem Mose: "Ich bin der ich bin da." Und er fuhr fort: "So sollst du zu den Isrealiten sagen: Der Ich bin da hat mich zu euch gesandt".

Das Buch Exodus, Kapitel 3, Einheitsübersetzung

Jed McKenna:

I Am is the fundamental universal constant of knowledge.
Everything else is belief.

Nisargadatta Maharaj:

Wenn "Ich bin" und "Gott ist" in Ihrem Denken nicht mehr zu unterscheiden sind, dann wird etwas geschehen, und Sie werden ohne den geringsten Zweifel wissen, dass Gott ist, weil Sie sind, Sie sind, weil Gott ist. Die zwei sind eins.

Das Licht (welches Gott ist), durch das Sie die Welt sehen, ist der kleine Funke "Ich bin" - unglaublich winzig, und doch der erste und letzte in jedem Akt von Liebe und Wissen.

Wenn verstanden worden ist, dass "Ich bin" nur "Ich bin" ist, formlos - und nicht die gefesselte Körperform - dann wird nicht nach Befreiung gerufen. In der Anwesenheit gefestigt zu sein, die keinen Namen und keine Form hat, das selbst ist die Befreiung.

Das "Ich bin" existiert, bevor der Verstand einsetzt. "Ich bin" ist kein Gedanke im Verstand, der Verstand geschieht mir, nicht ich geschehe dem Verstand. Und da Zeit und Raum im Verstand sind, bin ich jenseits von Zeit und Raum, ewig und allgegenwärtig.

Ich bin ein ungebildeter Mann und dennoch suchen mich Menschen aus der ganzen Welt auf. Woran liegt das? Weil ich am Nullpunkt angekommen bin, zu einem Nichts geworden bin.

Apostel Paulus in Galater 2.19:

Ich bin aber durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, auf dass ich Gott lebe; ich bin mit Christo gekreuzigt. Ich lebe, aber; doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.

Douglas Harding:

Wir sind geschaffen, um füreinander zu sterben, um zu unseren gegenseitigen Gunsten zu verschwinden.

Ramesh Balsekar:

Daher ist alles, was auch immer wir sagen, was auch immer wir denken, ein Konzept. Das einzige, was kein Konzept ist, die einzige Wahrheit ist das Gefühl von Präsenz. Ich bin. Ich lebe. Ich existiere. Das ist die einzige Wahrheit. Doch diese Wahrheit, selbst diese Wahrheit, ist in der Phänomenalität.

Juan Ramon Jimenez:

Ich bin nicht ich.
Ich bin jener, der an meiner Seite geht,
ohne daß ich ihn erblicke,
den ich oft besuche, und den ich oft vergesse.

Jener, der ruhig schweigt, wenn ich spreche,
der sanftmütig verzeiht, wenn ich hasse,
der umherschweift, wo ich nicht bin,
der aufrecht bleiben wird, wenn ich sterbe.

Yo no soy yo
Soy este
que va a mi lado sin yo verlo;
que, a veces, voy a ver,
y que, a veces, olvido.

El que calla, sereno, cuando hablo,
el que perdona, dulce, cuando odio,
el que pasea por donde no estoy,
el que quedará en pié cuando yo muera.


Der ichlose Papst

Rauchender Papst NZZ vom 1. November 2016:

In Paolo Sorrentinos atemberaubender Fernsehserie «The Young Pope» übernimmt, gespielt von Jude Law, ein rabiater Utilitarist das Kommando.

Artikel von Lennart Laberenz, NZZ

"Sehen Sie diesen Teller, Ma'am?" Die Frage steht da wie ein kaltes Messer, der Mann, der sie stellt, ebenso: Soutane, Zingulum, Pileolus, das Pektorale vor der Brust – der Papst ist jederzeit bereit zuzustossen. Der Teller, den er theatralisch durch die Luft schwenkt, ist schmucklos. Natürlich sieht ihn die Marketing-Chefin (Cécile de France) des Vatikans. Und hört den Papst sagen: "Gut. Das ist ein Produkt, wie ich es bereit bin zu autorisieren." Im Gesicht des Staatssekretärs ringt Interesse mit Fassungslosigkeit. "Es trägt nicht Ihr Bild, Heiliger Vater", sagt die Marketing-Beauftragte. "Ich habe auch kein Bild, meine Dame, weil ich niemand bin. Verstehen Sie? Niemand. Ausschliesslich Christus existiert. Aus! Schliess! Lich! Chris! Tus!", so der Papst.

Das Bild des Papstes hat allerlei Bedeutungen: Es erinnert unter anderem Gläubige an die moralische Autorität. Der irdische Stellvertreter Jesu auf Geschirr beruhigt vermutlich das Gewissen, hilft in turbulenten Zeiten zu vertrauen. Die Marketing-Chefin raunt dem Staatssekretär (Silvio Orlando) die finanzielle Relevanz der Merchandising-Produkte im Budget des Vatikans zu. Der Sekretär schluckt. Der neue Papst will sich auf nichts davon einlassen.

In der Finsternis der Nacht

Hinter der arroganten Fassade, mit der sich "The Young Pope" erratische Entscheidungen, lange Pausen im Gespräch oder das Rauchen in den hohen Hallen erlaubt, sortiert er von Beginn an die Figuren im Vatikan. Jude Law gibt diesen Lenny Belardo mit der Freundlichkeit des Marmorbodens, zu diesem Pontifikat passt die Überschrift «Abwesenheit ist Anwesenheit». Der Oberhirte verwehrt der Welt also sein Bild: Nach aussen soll Ungreifbarkeit ein Mittel sein, mit dem er die Kirche zu neuer Glorie führen will. Indem er Gläubigen nichts erklärt, Medien nichts vermittelt, niemandem vertraulich kommt: "Dort draussen muss jeder Mensch lernen, dass es grosse Opfer, dass es Leiden erfordert, Gott zu finden. Es ist zu einfach, sich mit Gott verbunden zu fühlen, während des Sonnenuntergangs. Sie müssen ihn in der Finsternis der Nacht und der Kälte finden. So wie ich." Zunächst aber muss er seine Macht im Inneren sortieren.

In Paolo Sorrentinos glänzend komponierter Fernsehserie entfaltet Belardo dafür ein machiavellistisches Spiel: Aus Brooklyn an die Spitze des Vatikans gespült, steht er Interessen, Erwartungen und Eitelkeiten gegenüber, da grollen übergangene Förderer, Höflinge werden nervös, der Apparat hält den Atem an. Belardo blickt auf den Vatikan als höchst diesseitiges Ringen um Macht, indem ein Herrscher alle Grausamkeit anwenden muss, die zum Ziel führt.

Der scheinbar naive Protagonist im komplexen Gestrüpp der Welt ist eine literarische Versuchsanordnung. Nur blickt Sorrentino durch Belardo nicht mit dem dostojewskischen Duktus auf Leid, das dort als Resultat endloser Spannungen zwischen Menschen und Verhältnissen erscheint. Sorrentino hat den neuen Papst mit schlichtem, brutal kalkulierendem Charakter ausgestattet: Hippie-Eltern gaben ihn einst aus Überforderung oder Selbstsucht in ein katholisches Waisenhaus. Die Hände von Schwester Mary (Diane Keaton), der Mangel an Elternliebe machten aus ihm einen misstrauischen Menschen. Misstrauen lässt keinen Raum für Freundschaften, hält wach gegenüber selbstgenügsamen Funktionären und der devoten Loyalität der Schwester Mary Belardo. So trifft er als dünner Amerikaner auf die Welt aus dicken Traditionen und schwerem Ritus. Zur Dusche läuft er in Flipflops, zum Frühstück will er Coke Zero mit Kirschgeschmack. Wir haben es schnell gemerkt, und Belardo bekräftigt bald: "Ich lache niemals."

Mit narzisstischen Zügen

Und dieser Papst setzt heftige Zeichen: Als – fiktiver – Pius XIII. zeigt sich schon in den ersten Tagen seines Pontifikats, dass hier Aufklärung, Modernität oder Versöhnung keine Rolle spielen. In Paolo Sorrentinos atemberaubender Fernsehserie übernimmt ein rabiater Utilitarist das Kommando. Den Reinigungsprozess der Kirche, die Neuausrichtung des katholischen Glaubens gestaltet er nach seiner Biografie und speist sie so mit Zügen des Narzissten, will er die Gläubigen sich selbst überlassen, auf dass sie sich anstrengen mögen. Die Erneuerung von Glauben und Kirche soll durch Schmerz gehen, durch Selbsterniedrigung, durch Bekenntnis zum Mysterium. Zweiflern hat Pius XIII. nichts zu sagen.

"The Young Pope". Regie: Paolo Sorrentino. Sky Atlantic HD und Sky Go, 10 Folgen, jeweils freitags ab 21 Uhr.

Die Besprechung in der NZZ war im Original betitelt mit: "Ein Bild von einem Papst."

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